Erasmus+ Lehrermobilitäten Helsinki
Vom 13.05.2024 bis zum 18.05.2024 ging es für mich in den hohen Norden: In Finnlands Hauptstadt Helsinki durfte ich eine Fortbildung mit dem Titel „Finnish approach to pupil’s wellbeing: How to bring more activity, fun and joy to classroom“ besuchen. Von meinen Eindrücken und Erfahrungen möchte ich hier gern berichten.
Helsinki präsentiert sich als fortschrittlich-moderne und gleichzeitig übersichtliche und gemütliche Stadt. Typisch skandinavisch, aber mit einem Hauch Ostblock-Charme. Ein Ort, an dem ich mich vom ersten Moment wohlgefühlt habe. Dazu trug sicher auch bei, dass die Sauna – für mich der Inbegriff von Gemütlichkeit – allgegenwärtig ist. So gibt es in und um die Stadt diverse Möglichkeiten, sich kräftig aufzuheizen und danach direkt in die kühle Ostsee zu springen.
Doch Helsinki hat natürlich einiges mehr zu bieten: Sei es der traditionelle Hafen, der wunderschöne klassizistische Dom, das eindrucksvolle Sibelius-Denkmal oder die ehemalige Festungsinsel Suomenlinna, wo man jede Menge über Finnlands bewegte Geschichte erfährt – es gibt viel zu entdecken.
Besonders beeindruckt hat mich auch die zentrale Oodi-Bibliothek. Neben zahlreichen Büchern aus aller Welt können hier unter anderem Nähmaschinen, 3D-Drucker, Musikinstrumente sowie voll eingerichtete Küchen und Tonstudios genutzt werden – alles kostenlos und damit dem Gedanken der gelichberechtigten Teilhabe entsprechend.
Ebenso wie in der Stadt habe ich mich auch im Kurs direkt wohlgefühlt. Mit den 12 weiteren Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus aller Welt (Belgien, La Réunion, Frankreich, Taiwan, Malta) plus Kursleiterin Mia bestand von Anfang an ein lockeres und bereicherndes Verhältnis.
Zunächst lernten wir das finnische Bildungssystem kennen, das sich in einigen Punkten doch stark von dem unsrigen unterscheidet. So hat schon der Lehrerberuf selbst einen ganz anderen Stellenwert und zählt zu den beliebtesten und angesehensten Jobs überhaupt. Schon die Zulassung zum Lehramtsstudium ist hart umkämpft.
Außerdem ist die Unterrichtsgestaltung deutlich selbstbestimmter und flexibler. Curriculare Vorgaben gibt es natürlich, die bei uns allgegenwärtigen engen Lehrpläne sind den Finnen jedoch fremd. Die Ausbildung von „soft skills“, Bewältigungsstrategien für den Alltag und das Zurechtfinden in der freien Natur haben einen ähnlichen Stellenwert wie die klassischen akademischen Fächer.
Die berufliche Orientierung hat in Finnland in der 7./8. Klasse eine große Bedeutung. In dieser Zeit verbringen die Schülerinnen und Schüler einen Großteil der Unterrichtszeit mit unterschiedlichen Praktika und lernen, ihre persönlichen Neigungen und Talente einzuschätzen.
Fest im finnischen Bildungssystem verankert ist der Anspruch, sich auf die Stärken der Lernenden zu konzentrieren und diese gezielt zu fördern. Ausgehend von diesem Gedanken wurden im Kurs unterschiedliche Strategien und Methoden erprobt und reflektiert, die das Wohlbefinden und die Motivation im Klassenraum fördern und so letztendlich auch zu besseren Lernergebnissen führen sollen. Maßnahmen, die sich auch bei uns relativ einfach in den Unterricht integrieren ließen, sind beispielsweise:
- Regelmäßige Thematisierung und Reflexion der persönlichen charakterlichen Stärken
- Entspannungs- und Bewegungsübungen
- Mehr Raum für „gamification“ (z.B. Edu-Breakouts zur Festigung von Fachinhalten)
- Häufiger den Klassenraum verlassen à mehr „Lernen am anderen Ort“
- Ein offeneres Klassenraumkonzept (Lernende können ihren Arbeitsplatz frei wählen u.a.)
Die Ergebnisse der Pisa-Studien sprechen für den Erfolg dieser Ansätze – im Übrigen bei meist deutlich schlankeren Stundentafeln als wir sie gewohnt sind.
Insgesamt habe ich die Woche durch vielfältige Impulse und Erkenntnisse als sehr aufschlussreich und bereichernd empfunden. Das gilt für berufliche Aspekte ebenso wie für die persönliche Weiterentwicklung.