
Löwen retten Leben
WAS TUN BEI HERZSTILLSTAND?
Wie man mit Entschlossenheit und zwei Händen ein Menschenleben retten kann

Der Kursus in Reanimation kam nach dem Eriksen-Schock für die Lehrer und Schüler des Berufsbildungszentrums genau zur richtigen Zeit. Sie wissen jetzt, wie sie Menschen bei einem Herzstillstand das Leben retten können.
von Reinhard Frank
22. Juni 2021, 15:15 Uhr
ECKERNFÖRDE | „Wir sagen dem Nichtstun den Kampf an!“ war das Motto eines Kurz-Lehrgangs im Berufsbildungszentrum (BBZ) Eckernförde. In Baden-Württemberg haben schon über 100.000 Schüler diesen Kurs absolviert. Er wird nun auch in Schleswig-Holstein angeboten. Im Rahmen der Aktion „Reanimation an Schulen“ klärte der erfahrene Rettungssanitäter Jovin Bürchner über die Notwenigkeit schneller Hilfe auf.
Nicht zaudern – helfen!
„Löwen retten Leben“ ist sein Motto. „Löwen fackeln nicht lange. Sie handeln sofort und kräftig. Sie zaudern nicht und beißen sofort zu! Kein Zaudern, kein Überlegen, sondern sofort kräftiger Einsatz. Sie wissen, was zu tun ist, um Erfolg zu haben!“ Das wünscht er sich auch von allen Ersthelfern und wettert gegen Zauderer, die aus Unsicherheit gar nichts tun. „Das kostet wertvolle Zeit!“
Reanimation kann Leben retten, jeder kann Lebensretter sein! Jeder kann wiederbeleben! Man kann nur einen Fehler machen: Nichts versuchen! Jovin Bürchner, Rettungssanitäter und Schulungsleiter
Dramatische Bilder zeigte die Video-Projektion zum Beginn des Lebensrettungskurs am BBZ in der Fischerkoppel: In Nahaufnahme und groß projiziert lag der dänische Fußball-Profi Christian Eriksen leblos auf dem Rasen. Die Ursache war plötzlicher Kreislaufstillstand. „Das kann jedem passieren. Etwa 50.000 bis 100.000 Mal pro Jahr in Deutschland!“ erklärte Bürchner. Der engagierte Rettungssanitäter hat nicht nur im Rahmen seiner Arbeit bei der Rettungsflugwacht viele tausend Mal erfahren, wie wichtig schnelles Eingreifen ist. Er ist überzeugt: „Reanimation kann Leben retten, jeder kann Lebensretter sein! Jeder kann wiederbeleben! Man kann nur einen Fehler machen: Nichts versuchen!“

Sauerstoffhaltiges Blut muss ins Gehirn gepumpt werden. Man braucht nur zwei Hände, um Leben zu retten. Jovin Bürchner
In dem zweistündigen Kurzlehrgang zeigte er, wie es geht. „Sauerstoffhaltiges Blut muss ins Gehirn gepumpt werden. Man braucht nur zwei Hände, um Leben zu retten“, fordert der Praktiker zu beherztem und schnellem Einsatz auf. Er weiß, was zu tun ist. Anders als Menschen, denen solche Gefahrensituationen seltener begegnen. Umso wichtiger sei es, vorbereitet zu sein und schnell, beherzt und richtig zu handeln und zu wissen, wo ein Defibrillator zu finden ist.
Etwa drei Minuten übersteht ein Mensch den Kreislaufstillstand ohne bleibende Schäden. Nach acht Minuten ist alles zu spät! Jovin Bürchner
„Etwa drei Minuten übersteht ein Mensch den Kreislaufstillstand ohne bleibende Schäden. Nach acht Minuten ist alles zu spät!“ Weil durch Sauerstoffmangel große Schäden im Gehirn entstanden sind, ist es mit dem selbstbestimmten Leben vorbei und weiteres Leben ohne dauerhafte Pflege nicht mehr möglich.
Menschen gibt es immer genug, man muss sie nur deutlich auffordern, mitzumachen und nicht weiter zuzuschauen! Der Brustkorb wird solange gedrückt, bis der Rettungsdienst da ist. Jovin Bürchner
Mit schnellem, beherztem Eingreifen und kräftiger Brustkorbmassage soll so lange wie möglich sauerstoffhaltiges Blut ins Gehirn gepumpt werden, klärt Bürchner die Eckernförder Lehrer und Schüler auf. Mut und Kraft gehören auch dazu. Ebenso Erfahrung, die jedoch nur die wenigsten Menschen haben. Viele haben Angst, etwas falsch zu machen und scheuten sich, den Brustkorb zwei Zentimeter tief einzudrücken. „Ganz selten wird dabei ein Knochen gebrochen. Das bedeutete aber keine Gefahr für den Helfer, wegen Körperverletzung angezeigt zu werden! Die ununterbrochene Versorgung des Gehirns mit Sauerstoff ist wichtiger!“ Jovin Bürchner weiß allerdings auch, dass nach etwa zwei Minuten auch bei Profis die Kräfte verbraucht sind und dass ein nahtloser Wechsel (ohne Pause!) nötig ist. „Menschen gibt es immer genug, man muss sie nur deutlich auffordern, mitzumachen und nicht weiter zuzuschauen! Der Brustkorb wird solange gedrückt, bis der Rettungsdienst da ist.“
Übung macht den Lebensretter
Dann wurde geübt – Corona-gerecht an Kunststoff-Puppen, die richtiges, starkes und schnelles Drücken mit einem knackenden Geräusch anzeigten. Acht Minuten dauerte die Übung – gefühlt unendlich lang und anstrengend. Eine wichtige Erfahrung für die Teilnehmer.
Handelt sofort selbst: Prüfen, Rufen, Drücken! Jovin Bürchner
Auch wenn es dieses Mal nur eine Übung war – im Ernstfall würden sie sich richtig verhalten: Prüfen, Hilfe herbeirufen und Drücken, bis die Profi-Retter übernehmen. „So einfach geht Wiederbelebung. Wir hoffen, dass wir sie nie anwenden müssen. Aber bitte denkt nie: Andere können es besser, sondern handelt sofort selbst: Prüfen, Rufen Drücken!“
Jovin Bürchner geht davon aus, dass sich nur dadurch die Überlebensrate beim plötzlichen Herzstillstand bis aufs Dreifache vergrößern ließe und empfiehlt eine jährliche Wiederholung. Dafür durften alle Teilnehmer die Testpuppen mit nach Hause nehmen.
– Quelle: https://www.shz.de/32671667 ©2021
Die Testpuppen wurden für diese und weitere Schulungen vom BBZ direkt angeschafft und finanziert und konnten daher von den Teilnehmern und Teilnehmerinnen nicht mit nach Hause genommen werden.
Hier finden Sie weitere Informationen über den Schulsanitätsdienst